Online-Debatte zu Perspektiven der Europäischen Umweltpolitik

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Welche Konsequenzen hat der Ausgang der bevorstehenden Europawahlen für die künftige Gestaltung der Europäischen Umweltpolitik? Wie kann und soll die EU mit der steigenden gesellschaftlichen Mobilisierung und Polarisierung rund um das Thema Umweltpolitik umgehen? Dies waren Fragen, zu denen sich Experten aus Politik und Wissenschaft bei einer Online-Diskussion heute ausgetauscht haben. Prof. Jale Tosun vom Institut für Politische Wissenschaft der Universität Heidelberg, Prof. Bernhard W. Wegener vom Fachbereich Rechtswissenschaft an der FAU sowie Tiemo Wölken von Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament brachten ihre Expertise ein, moderiert wurde die Diskussion von Prof. Sandra Eckert. Kurzfristig nicht teilnehmen konnte Europaabgeordneter Christian Doleschal aus der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) im Europäischen Parlament. Die Veranstaltung fand in der Reihe „Die EU vor den Wahlen“, organisiert durch Prof. Petra Bendel und Prof. Sandra Eckert und veranstaltet durch das Institut für Politische Wissenschaft sowie das Center for Human Rights an der FAU.

Die Bilanz zur Gestaltung der europäischen Umweltpolitik während der vergangenen Legislaturperiode fiel hinsichtlich der Umsetzung der Green Deal-Agenda gemischt aus. Prof. Tosun sah in einigen Bereichen der Umweltpolitik eine weniger ambitionierte Ausrichtung als in der Klimapolitik. Dem widersprach Prof. Wegener, der auch die Klimaagenda massiver Kritik ausgesetzt sieht. MdEP Tiemo Wölken betonte zunächst die herausragende Rolle der Umweltpolitik in der EU-Gesetzgebung, konstatierte aber auch Versäumnisse vor allem in den Bereichen Biodiversität, Kreislaufwirtschaft sowie nachhaltige Landwirtschaftspolitik. Prof. Wegener hob hervor, dass die EU seit dem Ukrainekrieg in einem veränderten geopolitischen Kontext agiert und im Bereich der Klimapolitik weniger als in der Vergangenheit auf die Kooperation internationaler Partner zählen kann. Mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen rechneten die Panellisten zwar nicht mit einer massiven Kräfteverschiebung, sahen aber grundsätzlich höhere Hürden für die Einigung zu umweltpolitischen Dossiers. Nach Einschätzung von Prof. Wegener stellt die steigende gesellschaftliche Polarisierung zu umweltpolitischen Themen die größte Herausforderung dar. Er verwies darauf, dass Umwelt- und Klimapolitik zunehmend auch von Vertretern der politischen Mitte in Frage gestellt werden und damit zu hochumkämpften Themen im europäischen Parteienwettbewerb avancieren. Prof. Tosun wies basierend auf ihrer Forschung darauf hin, dass Politisierung und Aktivismus generell oft unbeständig sind – hier nannte sie als anschauliches Beispiel die Mobilisierung um die Zulassung von Glyphosat, die zwischenzeitlich trotz fortbestehender Problemstellung abgeebbt ist. Abgeordneter Wölken benannte als zentrale Herausforderung für die künftige europäische Umweltpolitik den sozio-ökonomischen Ausgleich. Durch Instrumente wie den „Fonds für einen gerechten Übergang“ müsse sichergestellt werden, dass Klimaschutzmaßnahmen sozial gerecht umgesetzt werden und gleichzeitig die Europäische Union nicht nur als Ursprung von Belastungen, sondern auch als unterstützender Akteur wahrgenommen wird.